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Erfolgreicher Abschluss im Reitwege-Sperrungsverfahren Forstamt Belzig

Von Birgit Groth

Chronologie aus Sicht des VFD-Landesverbandes Berlin-Brandenburg

Zu Beginn der Sommerferien 2005 wurde die Geländereiterwelt Brandenburgs von der Nachricht der Eröffnung eines Reitwege-Sperrungsverfahrens für 268 Weg­strecken im gesamten Forstamtsbereich Belzig (Städte Potsdam und Branden­burg, Landkreise Potsdam-Mittelmark und Havelland) überrascht.
Unangekündigt und ohne jede Beteiligung der Betroffenen (Reiter und Gespannfah­rer) haben wir nur über Hörensagen von den Ankündigungen in den Amtsblättern der betroffenen Landkreise und Städte erfahren.
In 2004 erst war das Reitrecht im Wald liberalisiert worden. Jetzt wollte die Forst­behörde mit Hilfe der Reitsperrungsverordnung (WaldSperrungsV) gleich hunderte von Wegstrecken für das Reiten und Gespannfahren, auf denen Pferde aus irgend­einem Grund nicht gern gesehen werden, sperren.

Die kurze Zeit, die für Stellungnahmen blieb, musste gut genutzt werden. Über den VFD-Verteiler waren viele Mitglieder schnell informiert und eine wahre Flut von Ein­wändungen von vielen Privatpersonen, Reiterhöfen, der Landkreisverwaltung, der Naturparkverwaltung, den NaturFreunden in Berlin ging beim Forstamt ein. Damit hatte dort niemand gerechnet.

Parallel wurde ein guter Anwalt für Verwaltungsrecht gesucht. Die Kanzlei Dom­bertRechtsanwälte war mir aus dem Berufsleben bekannt. Ein glücklicher Umstand führte nach anfänglicher Skepsis der Kanzlei dazu, dass Professor Dombert selbst hinzugezogen wurde. Es stellte sich heraus, dass er selbst Reiter ist und sich dazu noch mit der Forstverwaltung gut auskennt. So war er bereit, das Mandat höchstper­sönlich zu übernehmen.

Ein Tag vor Fristende im September 2005 wurde von der Kanzlei als Vertreter der VFD Berlin-Brandenburg e.V. ein achtseitiges Einwandschreiben eingereicht.
Im November 2005 wurde der Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg e.V. Mitauftraggeber und übernahm die Hälfte der Kosten. 

Dieses Schreiben hatte die größte Wirkung. Einzig hierauf wurde von Forstamtsseite geantwortet. (Anmerkung am Rande: während des gesamten Verfahrens erhielt kein privater Ein­wandschreiber eine Rückmeldung vom Forstamt, etwa zum Eingang, dem Bearbeitungsstand, dem weiteren Verfahrensverlauf oder dem Ausgang).

Im Oktober 2005 gab es eine erste positive Reaktion. Die Sperrungsabsichten sollten deutlich minimiert werden.

Die Akteneinsicht zu jedem Wegeabschnitt zeigte, dass nur sehr pauschale Angaben gemacht wurden, die aus unserer Sicht nicht den Absichten des Gesetzgebers im LWaldG und in der Waldsperrungsverordnung entsprachen. Und Gespräche im Forstministerium ergaben, dass die oberste Forstbehörde nur sehr ungenau von den Details des Verfahrens Kenntnis hatte und die WaldSperrungsV für den zur Umset­zung beauftragten Verwaltungsbeamten zu wenig Handlungsvorgaben beinhaltete. Prof. Dombert verfasste eine Art Durchführungsleitfaden zur Anwendung der WaldSperrungsV, der zunächst vom Ministerium als überflüssig abgelehnt wurde.

Im Juli 2006 überraschte uns ein 2. Auslegungsverfahren, das wieder zu Beginn der Sommerferien ohne Vorankündigung und diesmal nur in den Landkreis-Amts­blättern veröffentlicht wurde, mit noch immer seitenlangen Listen zu sperrender Wegstrecken. Eine Erörterung mit den Verbänden wurde wieder abgelehnt. Unsere Kritikpunkte blieben im Wesentlichen gleich. Das heißt, sie waren im Vorfeld der 2. Auslegung so gut wie nicht beachtet worden.

Wir haben uns dann die Mühe gemacht, möglichst konkret für jede Wegestrecke un­sere Argumente darzulegen. Die Stellungnahme der VFD umfasste viele Seiten. Es wurde wieder viel telefoniert und die Beharrlichkeit von Prof. Dombert führte dazu, dass das Ministerium im September 2006 selbst eine Handlungsempfehlung für die 10 brandenburgischen Forstämter erstellte. Diese wurde zwar bedauerlicherweise vorab nicht mit den Verbänden diskutiert, aber beinhaltete im Wesentlichen unsere Argumente und Gedankengänge. Vor allem wurde dort deutlich formuliert, dass im Vorfeld eines Sperrungsverfahrens die Reiterverbände als beratende Partner einbe­zogen werden sollen. Nach einem Jahr Sperrungsverfahren war ein Teilerfolg zu vermelden. Wie würde es jetzt mit dem Verfahren weitergehen?

Das Forstamt Belzig fühlte sich nicht an die zuvor genannte Handlungsempfehlung gebunden, schließlich war das Verfahren vorher begonnen worden. So gab es wie­der keine konkreten Erörterungen mit den Verbänden.

Im Dezember 2006 aktivierten die NaturFreunde Berlins, vertreten durch einen Se­natsrat a.D., der durch private Kontakte über die Vorgehensweise des Forstamtes Kenntnis erhielt, noch mal die Verfahrensträger durch direktes Herantreten an das MLUV und an Dr. Peter Dankert als Bundesabgeordneter und Vorsitzenden des Sportausschusses. Dadurch wurde die Kritik am Vorgehen des Forstamtes direkt an den zuständigen Landesminister herangetragen.

Der Forstamtsleiter wurde aus anderen Gründen vom Dienst suspendiert. Das Ver­fahren ruhte derweil.

In der Zwischenzeit, genau genommen wieder in den Sommerferien (diesmal 2007), schockte uns eine absolut im Verborgenen umgesetzte Waldgesetz-Änderung: das Gespannfahren war ab sofort auf allen Waldwegen verboten, es sei denn der ein­zelne Gespannfahrer besorgt sich von jedem Waldwegebesitzer eine Nutzungser­laubnis. Soweit uns bekannt wurde diese Regelung zwar nie in die Praxis umgesetzt und im Ergebnis starker Proteste der Verbände und Betroffenen im November 2008 auch wieder ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen, aber sie offenbarte uns deutlich, dass unsere Bemühungen zukünftig im Vorfeld einbezogen zu werden auf ziemlich unfruchtbaren Boden gefallen sind.

Als der Forstamtsleiter wieder im Amt war, erschien im September 2007 die Be­kanntmachung der Sperrungsfestsetzung für immerhin noch ca. 120 Wegstre­cken. Wieder gab es keine detaillierte Begründung wie es im Gesetz vorgesehen ist. Nun blieb uns nur noch die Klage bzw. der Widerspruch. Wieder einigten wir uns mit dem Landespferdesportverband auf gemeinsame Beauftragung. Angestrengt such­ten wir nach direkt betroffenen Betrieben. Nur ihre Klage aus einer wirtschaftlichen Betroffenheit heraus ist rechtlich zulässig.

Ein passender Betrieb wurde ausgewählt und Prof. Dombert legte kurz vor Weih­nachten 2007 Rechtsmittel, d.h. Widerspruch gegen die Sperrungsfestsetzung ein. Diese hat aufschiebende Wirkung. Alle Wege konnten bis auf weiteres weiter beritten und befahren werden. Auch um diese Tatsache dem Fachministerium zu vermitteln bedurfte es anwaltlicher Unterstützung, denn dort hatte man zunächst eine andere Auffassung! Die Widerspruchsbegründung bezog sich vor allem auf eine fehlerhafte Verwaltungshandhabung mit dem Ziel einer verfahrensrechtlichen Kor­rektur der aufgezeigten Mängel, da die wirtschaftliche Betroffenheit der Betriebe nicht im notwendigen Umfang nachweisbar schien.

Im ersten Halbjahr 2008 konnten wir im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur Rücknahme der gesetzlichen Einschränkung des Gespannfahrens im Wald auch die Wegesperrungs-Thematik im Forstamt Belzig immer mal wieder ins Bewusstsein der Politiker und des Ministerium bringen. Schriftlich wurde zugesichert, dass der Minis­ter selbst sich die Resultate der nochmaligen Überprüfung vorlegen lassen würde, um die angemessene Berücksich­tigung der abwägungsrelevanten Sachverhalte zu prüfen.

Nach einem relativ ruhigen Sommer, bezogen auf Reitrecht-Themen, wurden wir Anfang Oktober mit einem Widerspruchsbescheid des Forstamtes überrascht, der positiver nicht hätte ausfallen können. Allen Argumenten wurde gefolgt. Kein einziger Weg würde in diesem Verfahren gesperrt werden.

Die wesentlichen Punkte, die zu diesem Bescheid geführt haben, sind

  1. Reiter dürfen nach § 15 LWaldG gegenüber anderen Besuchergruppen (Fuß­gänger, Fahrradfahrer, Krankenfahrstuhlfahrer) nicht benachteiligt werden. Und obwohl die Abnutzung durch Hufschlag größer sein kann, ist davon aus­zugehen, dass kein Waldbesucher einen Anspruch auf einen bestimmten We­gezustand hat. Er kann also auch Hufabdrücke aufweisen. Wichtig ist, dass sich die Besucher ungehindert begegnen können. Das ist der Hintergrund für die Beschränkung des Reitens auf 2-spurige Wege.
  2. Privat-rechtlich wird davon ausgegangen, dass ein Waldbesitzer die Benut­zung von Waldwegen dulden muss (Recht der Allgemeinheit nach § 15 LWaldG). Nicht dulden muss er eine Zerstörung seiner Wege, z.B. durch star­ken Beritt. In diesem Fall wird auf die Möglichkeiten einer bilateralen, privat­rechtlichen Lösung oder notfalls auf die Durchsetzung einer privatrechtlichen Unterlassungsanspruches nach § 1004 BGB verwiesen.

Sollte in Zukunft eine erhebliche Beeinträchtigung für den Waldbesitzer konkret entstehen oder zu befürchten sein, wird natürlich auch zukünftig die Sperrung einzelner Wege in Betracht gezogen werden.

Glückliche Umstände und hartnäckiges Dranbleiben haben diesmal zum Erfolg ge­führt. Offenkundig sichtbar wurde daran der Sinn unserer Vereins- und Lobbyarbeit.