Eine fiktive Geschichte von Lisa Bauer

Ich irrte durch die Nacht. Es war dunkel und kalt, ein Schneesturm hat sich ausgebreitet. 
Mein Mann Paul hat mich nach unserem Streit rausgeworfen, das ist nichts neues und somit laufe ich durch den anliegenden Wald auf der Suche nach etwas Schutz vor der eisigen Winternacht. 
Beim Laufen denke ich über den vorherigen Abend nach, mal wieder habe ich mich nicht getraut, meine Stimme gegen Paul zu erheben. 
Freunde nennen es ‚toxische Beziehung‘ und sagen, ich soll mich von Ihm trennen. Wenn die wüssten, wie sehr ich doch an unsere schönen Erinnerungen hänge.

Und somit laufe ich durch den Wald, meine Augen haben sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt. Ich kenne die Wege ganz genau und weiß, wo eine kleine Höhle ist, in der ich Schutz finden kann. Als ich gerade nach Links auf dem Trampelpfad abbiegen wollte, hörte ich Schritte. Ich drehe mich um und spüre eine Wärme, wie ich sie schon lange nicht mehr gespürt habe. Sekundenschnell zog sie an mir vorbei. Es raschelt in den im Winterschlaf liegenden Himbeersträuchern und ich halt inne. 

Plötzlich erscheint vor mir etwas, was von Energie nur so trotzt. Kleine starke Hufe, lange gewellte Mähne und große Schwarze Augen die mich direkt anblickten. Die Stute musterte mich von oben bis unten und rannte davon. Von der einen auf die andere Sekunde war sie verschwunden.
Ich realisierte es Sekunden später. Sofort machte ich mich auf die Suche nach ihr, sehe die Hufabdrücke und folge diesen. 
Eine halbe Ewigkeit später komme ich an den Victoriasee heraus und setze mich an das Ufer, weil ich völlig außer Atem war. 
Ich entspannte mich langsam und blickte mich um. Es ist weit und breit niemand zu sehen und gerade als ich kurz vor dem Aufgeben war, die schöne Stute noch einmal zu sehen, ihre Energie noch einmal zu spüren, hörte ich es erneut Rascheln und da stand sie nun. 
Der Schneesturm ist abgeklungen, es rieselten nur einige Flocken. Der See war zugefroren und das Mondlicht spiegelte sich auf ihn wider. Am anderen Ufer stand sie, wieder blickte mich das Pferd an aber diesmal anders, interessierter. 
Ihre Nüstern öffneten sich, um meinen Geruch aufzunehmen, ihr Kopf hebt und senkt sich. 
Der See war klein, deshalb probierte ich mein Glück und ging langsam, aber bestimmt auf sie zu. Als die Stute merkte, dass ich zu ihr möchte, setzt sie sich in Bewegung und kam mir entgegen, kurze furcht überkam mich und ich stoppte. Sie lief völlig ruhig auf leisen Sohlen.

Plötzlich stand sie mir gegenüber und da spürte ich es wieder, die Energie, die Wärme. Es fühlt sich an wie eine wohlige Umarmung. Ich kenne dieses Pferd nicht und trotzdem fällt mir ihr starker Charakter auf. Sie weiß genau was sie will. Ich nehme meinen Mut zusammen und gehe in geduckter Haltung, ohne ihr in die Augen zu schauen auf sie zu. Langsam und achtsam. 
Ich stehe genau neben ihr und spüre ihren ruhigen Atem. Sie ist zierlich aber doch unheimlich stark. Als ich meinen Blick zu ihr richte, fällt mir eine riesige Narbe an Ihrem Hals auf. Sie verläuft wie ein Blitz Richtung Schulter. Sie muss gelitten haben.
Ich wage es und berühre die Stute vorsichtig am Kopf, sie beschnuppert meine Hand und lässt die Berührung zu. Die energiereiche Aura, die sie umgibt, spüre ich plötzlich durch meinen Arm fließen und durch meinen ganzen Körper leiten. Ich fühle mich plötzlich so lebendig, stark und vom Glück gesegnet. Ein Grinsen breitet sich auf meinen Lippen aus. 
Ich höre ein Geflüster aus dem Wald, in dem Moment, in dem ich hinüberschaue, merke ich einen Luftzug. Die Stute ist fort. 

Die ersten Sonnenstrahlen strömten durch den Wald und der Schnee fing an zu Glitzern. Ich erwachte und sofort viel mir die Begegnung der letzten Nacht ein. 
An diesen Tag trennte ich mich von Paul. Mich überkam ein riesen Selbstvertrauen welches ich seit Jahren nicht mehr gespürt habe. Die Energie leitet meine Taten, die Energie dich ich von der Schneeweißen Stute geschenkt bekommen habe.