HistorieReitrecht

Stellungnahme der Reitverbände zum 1.Entwurf des LwaldG  § 20 Abs 3

2. Januar 2001

Vorschlag für neue Formulierungen der das Reiten in Brandenburg betreffenden Paragraphen des LWaIdG und des BbgNatSchG

Stellungnahme der Vereinigung der Freizeitreiter und – Fahrer in Deutschland, Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. (VFD) und des Landesverbands Pferdesport Berlin-Brandenburg e.V.

Sehr geehrter Herr Dr. Hoppe,

wir bedanken uns herzlich für die Zusendung der ersten Fomulierungsentwürfe. Wir begrüssen es sehr, dass der gesetzliche Rahmen für das Reiten in Brandenburg überarbeitet wird. Gern kommen wir deshalb Ihrer Bitte nach, dazu Stellung zu nehmen.

Landeswaldgesetz (LWaldG)

Die mit geltendem Waldgesetz, Reitverordnung und Leitfaden angestrebte Ausweisung eines einheitlich gekennzeichneten, gut geeigneten und touristisch vermarktbaren Wegenetzes für Reiter und Kutschen abseits des übrigen Publikumsverkehrs im Wald ist gescheitert. Der Grund hierfür liegt in dem unverhältnismässig hohen Verwaltungsaufwand, der selbst für einen einzigen Kilometer „Reitweg“ notwendig ist. Dieser Aufwand wird durch die geringe Zahl der Reiter und Pferde in Brandenburg nicht im Mindesten gerechtfertigt.

Wir lehnen deshalb den Ansatz des vorgelegten Formulierungsvorschlags ab, in dem das generelle Reitverbot auf Wegen im Wald beibehalten wird und Reiten nur auf ausdrücklich erlaubten Wegen möglich ist Der richtige Ansatz ist, das Reiten nur dort zu verbieten, wo besondere Umstände dies erforderlich machen.

Zwar orientiert sich der Entwurf zutreffend an der rahmenrechtlichen Vorgabe des  §14 Bundeswaldgesetz (BWaldG), nach dem das Reiten im Wald auf Strassen und Wegen grundsätzlich erlaubt sein soll. Den Ländern werden in Abs. 2 Einschränkungsmöglichkeiten des Reitens vorbehalten, die unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit angewandt werden können, falls erforderlich.

In dem vorgelegten Papier heisst es im zweiten Absatz „Zum Schutz der Waldbesucher ist im Land Brandenburg eine Trennung des Erholungsverkehrs von Reitern und sonstigen Erholungssuchenden herbeigeführt und die Reiter auf besondere Reitwege verwiesen worden.“

Brandenburg hat auf seinen 29476 Quadratkilometern Fläche bei grosszügiger Schätzung der nicht offiziell erfassten Reiter und Pferde ca. 28.000 Reiter und 35.000 Pferde. Daraus ergeben sich im Durchschnitt pro Quadratkilometer 0,95 Reiter oder 1,19 Pferde. Diese Zahlen schliessen alle Zucht-, Jung- und Turnierpferde ein, die nicht im Gelände geritten werden. Nur ein Drittel der Reiter reitet im Gelände, und das nur an ca. drei Tagen pro Woche. Ein so weitreichender Schutz der übrigen Waldbesucher vor den wenigen Reitern und Pferden in Brandenburgs Wäldern, wie ihn der vorgelegte Entwurf wie auch das geltende LWaIdG vorsehen, ist nicht gerechtfertigt. Von einer allgemeinen Gefahr für den Waldbesucher durch Reiter in Brandenburg kann wohl kaum ausgegangen werden.

Selbst wenn man durch den erwarteten Pferdesport- und Tourismus-Boom von einer Verdoppelung der Anzahl der Reiter und Pferde ausgeht, besteht keine Veranlassung, im ländlichen Brandenburg die Erholungssuchenden voneinander zu trennen. Wir möchten hier auf die guten Erfahrungen hinweisen, die mit der erlaubten Mehrfachnutzung der Wege durch verschiedene Gruppen von Naturfreunden in anderen Bundesländern, z.B. Hessen, gemacht wurden, und auf die Empfehlungen in der AEP Überregionales Reit- und Fahrwegenetz Land Brandenburg von BTE.

Die „Trennung des Erholungsverkehrs von Reitern und sonstigen Erholungssuchenden“ im Wald ist also für den grössten Teil Brandenburgs nicht erforderlich und funktioniert in der Praxis nicht, weil die für das Reiten ausgewiesenen Wege auch allen anderen Nutzern offenstehen. Konflikte zwischen Reitern und anderen Erholungssuchenden sind die Ausnahme, nicht die Regel. Im Gegenteil: die meisten Waldbesucher erfreuen sich an der Begegnung mit Pferden in der freien Natur. Auf dem Fehlverhalten einzelner „schwarzer Schafe“ — nicht nur unter Reitern — sollte kein Gesetz aufgebaut sein.

In dem vorgelegten Entwurf heisst es weiter: „Ein Vorteil der völligen Freigabe des
Reitens im Wald auf Strassen und Wegen ist nicht ersichtlich, müssen doch nun die
Wanderwege förmlich ausgewiesen werden.“

Diese Begründung ist für uns nicht verständlich. Die Ausweisung von Wanderwegen ist nicht Sache der Unteren Forstbehörden und nicht im Waldgesetz geregelt.

Das formulierte Reitverbot auf Wanderwegen ist aus unserer Sicht unnötig bürokratisch. In der Regel rechtfertigen weder Wegbeschaffenheit noch Nutzungsfrequenz durch Wanderer und Reiter ein derartiges Verbot. Rheinland-Pfalz geht beispielsweise bei seiner Regelung zum Reiten auf Wanderwegen von einer Mindestbreite der Wege von zwei Metern aus (siehe Anlage). Dieser Vorgehensweise würden wir uns anschliessen.

Die Vorteile einer „völligen“ Freigabe der Waldwege für das Reiten mit einzelnen Beschränkungsmöglichkeiten ergeben sich aus dem Wegfall des zur Zeit vorgeschriebenen erheblichen Verwaltungsaufwands und der damit einhergehenden hohen Kosten.

Es wird weiter angeführt, dass die Interessen der Waldbesitzer der Jäger und anderer Erholungssuchender zu berücksichtigen sind. Dem stimmen wir zu. Die Interessen aller anderen Waldnutzer bleiben durch die Umkehrung der derzeit geltenden Rechtssituation gewahrt: Gemäß Gesetzesentwurf der dem Landtag vorliegenden Volksinitiative zur Änderung des Waldgesetzes kann das Benutzen der Wege im Wald mit Pferden eingeschränkt werden, „wenn hierdurch erhebliche Gefahren für die natürliche Umwelt drohen, unzumutbare Beeinträchtigungen anderer Erholungssuchender entstehen, in Verdichtungsräumen und Ballungsgebieten so wie bei drohenden unzumutbaren Schäden für den Grundstückseigentümer“ Wir halten diese Formulierung bei einer Gestaltung des Reitens ansonsten auf allen Wegen für geeignet, Konflikte dort, wo sie entstehen, im Einvernehmen mit den Betroffenen zu regeln und ggf. dann das Reiten auf einzelne Wege einzuschränken. Der Aufwand, der dann vor Ort durch die Zusammenarbeit von Unterer Forstbehörde mit den Vertretern der Nutzer und durch das evtl. erforderliche Aufstellen von Reitverbotsschildern entsteht, ist wesentlich geringer, als jeden einzelnen Weg auf seine Tauglichkeit für das Reiten zu überprüfen, mit allen anderen zu beteiligenden Behörden und Verbänden abzustimmen und schliesslich mit einem Schild zu kennzeichnen

Auch in Ballungsräumen bleiben die Interessen der Waldbesitzer und die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Waldes durch die oben genannten Einschränkungsmöglichkeiten gewahrt. Sollten sich wirtschaftliche Belastungen durch das Reiten im Wald für den Eigentümer tatsächlich nicht vermeiden lassen (beispielsweise durch die Beseitigung von nachweisbar durch das Reiten entstandenen Schäden), muss über eine Entschädigung nachgedacht werden. Dieser „Reitabgabe“ müssen allerdings genaue Prüfungen zur tatsächlichen Schadenhöhe zugrundeliegen, an der die Reiter im Einzelfall beteiligt werden, die Reitverbände müssen Einblick in Aufkommen und Verwendung der Mittel erhalten und die Erhebung einer Behörde und keinesfalls dem einzelnen Waldeigentümer obliegen.

Wir können einer „Reitabgabe“ nur zustimmen, wenn damit die Freigabe aller Wege im Wald für das Reiten mit einzelnen Sperrungen bei oben genannten besonderen Umständen verbunden ist. Eine Reitabgabe von den Reitern zu fordern, sie aber weiterhin auf wenige ausgewiesene Reitwege einzuschränken und bei Androhung einer Ordnungsstrafe das Abweichen von diesen Wegen zu verbieten, ist nicht akzeptabel.

Gegen eine Kennzeichnung der Pferde mit den bereits heute üblichen Plaketten bestehen von unserer Seite keine Einwände, sofern sich die Reitmöglichkeiten durch die Neuregelung des Reitrechts erheblich verbessern. Ansonsten ist eine Akzeptanz der Kennzeichnungspflicht durch die Reiter nicht zu erwarten.

Soweit die Interessen der Jagd und des Naturschutzes als Gründe für ein mögliches Reitverbot angeführt werden, ist nicht nachzuvollziehen, warum ausgerechnet durch das Reiten mehr Störungen erwartet werden, als durch die übrigen Erholungssuchenden im Wald, denen die Nutzung der Wege weiterhin gestattet wird. Pferde sind Fluchttiere und Pflanzenfresser und werden vom Wild viel weniger als der Mensch als Bedrohung wahrgenommen.

Reitgebiete können auch unter der geltenden Regelung bereits ausgewiesen werden. Die Tatsache, dass dies in nur verschwindend geringen Umfang geschehen ist, macht den unangemessen hohen Aufwand deutlich, der für die Unteren Forstbehörden und alle anderen zu beteiligenden Ämter und Verbände damit verbunden ist.

Alle Nachteile einer Festlegung der Reiter auf spezielle Wege mit dem gleichzeitigen Verbot des Abweichens davon treffen auch für Reitgebiete zu, zumal das Reiten selbst in Reitgebieten nach dem Entwurf „nur auf geeigneten Wegen erlaubt“ sein soll. Es stellt sich die Fragen, was unter „geeigneten Wegen“ zu verstehen ist, und ob der einzelne, auch ortsunkundige Reiter diese in der Natur erkennen kann. Falls das nicht zweifelsfrei möglich ist, wäre die Beschilderung aller Wege notwendig. Irrtümer darin müssen zuverlässig ausgeschlossen werden (also Schilder an jeder Weggabelung in beide Richtungen gut erkennbar abgebracht werden), da dem Reiter gleich eine Ordnungsstrafe droht – während alle anderen Nutzer beliebig auf andere Wege abweichen dürfen und sich schlimmstenfalls dabei im Wald verlaufen. Wo tatsächlich eine Kanalisierung des Reitens erforderlich ist und Reitwege ausgewiesen werden (Ballungsräume), kann das nicht allein Aufgabe der „Untere(n) Forstbehörde im Zusammenwirken mit dem Waldbesitzer und der Unteren Landesbehörde“ sein. Die Reitverbände vor Ort müssen in die Ausweisung einbezogen werden, um die Akzeptanz der Wege durch Reiter sicherzustellen.

Aktuelle Erfahrungen aus der Uckermark belegen, dass sogar bei sehr progressiver Einstellung privater Waldeigentümer, die die Ausweisung von insgesamt ca. 4000 Hektar zusammenhängender Waldfläche zum Reitgebiet selbst vorgeschlagen haben, der Aufwand hoch ist: Abgrenzung nach aussen, Sperrungen innerhalb des Gebietes (z.B. in Tabuzonen der Landschaftsentwicklungspläne) und Vernetzung mit Reitwegen ausserhalb sind schwierig. Dort, wo private Waldeigentümer weniger kooperativ sind, wird — wie zur Zeit — die Ausweisung von Reitgebieten wie auch die von Reitwegen wenn überhaupt nur sehr schleppend vorankommen.

Die in der Arbeitsgruppe diskutierte Problematik der Abgrenzung von „Ballungsräumen“ wird durch die Ausweisung von Reitgebieten in keiner Weise gelöst. Schutzgebietsverordnungen etc. schränken die potentiell als Reitgebiet geeigneten Regionen weiter ein. „Reitgebiete“ würden unserer Auffassung nach nur Sinn machen, wenn wirklich grossflächig das Reiten gestattet würde, z.B. in einem gesamten Landkreis.

Brandenburgisches Naturschutzgesetz BbgNatSchG

Grundsätzlich ist der Entwurf eine brauchbare Diskussionsgrundlage. Es ergeben sich allerdings folgende Anmerkungen:

(1) Wir stimmen einer Beschilderung der Wege mit Orts- und Kilometerangaben zu, solange dies nur empfehlenden, nicht aber bindenden Charakter hat.

(2) Wird so akzeptiert.

(3) Für Radfahrer und Wanderer besteht ein generelles Betretungsrecht der geeigneten Privatwege. Warum kann diese Duldungspflicht des Eigentümers nicht auch für das Reiten gelten ? Gemäss Pressemitteilung von Herrn Minister Birthler vom 21.11.2000 und dem im Internet veröffentlichten Diskussionspapier soll das Reiten zukünftig auf allen Privat- und Wirtschaftswegen unter Vermeidung von Nutzungskonflikten zugelassen werden. Dies sollte im Gesetz Ausdruck finden. Wir schlagen deshalb folgende Formulierung vor:

Das Betreten der privaten Wirtschaftswege zum Zwecke der Erholung ist gestattet. Dies gilt für das Wandern, Radfahren, Fahren mit Krankenstühlen, Reiten und Gespannfahren. Es gilt nicht für das Fahren mit motorisierten Fahrzeugen. Der Besitzer oder Nutzungsberechtigte kann bei der unteren Naturschutzbehörde eine Sperrung für eine oder mehrere Nutzungsarten beantragen, wenn die zweckbestimmte Nutzung des Weges unzumutbar beeinträchtigt ist oder erhebliche Schäden entstanden sind. Wird der Sperrung stattgegeben, ist der Weg mit Schild Nr.. entsprechend StVO zu kennzeichnen.

(4) Die unter (3) von uns vorgeschlagene Regelung hat den Vorteil gegenüber der in (4) des Entwurfs genannten Formulierung, dass Aufwand und Kosten für die Verwaltung wesentlich geringer sind. Die tatsächliche Notwendigkeit der Sperrung für das Reiten muss vom Eigentümer nachgewiesen werden. Erst dann besteht für die Untere Naturschutzbehörde Handlungsbedarf. Bei der im Entwurf vorgesehenen Regelung dürfte die Behörde bei jedem Reitverbotsschild, das aufgestellt wird, einen Antrag auf Aufhebung der Sperrung von den Reitverbänden erhalten, den sie dann prüfen muss. Der Eigentümer wird sich bei einer behördlichen Aufhebung seines Reitverbots in seinen Rechten stärker eingeschränkt sehen, als wenn er sinnvolle Sperrungen auf Antrag behördlich durchsetzen kann.

Es stellt sich ausserdem die Frage, wie derartige Reitverbotsschilder auszusehen hätten, und welche Rechtsfolgen sich für Reiter ergeben, die sich daran nicht halten, weil sie z.B. das Schild nicht als solches identifiziert haben. Sollten ordnungsrechtliche Konsequenzen daraus folgen, so müssen wir diese ablehnen, da Schilder mit so gravierenden Folgen für den Reiter nur von Amts wegen aufgestellt werden dürfen.

(5) Der Regelung in Satz 1 und 2 stimmen wir zu, sofern zu den Anliegern auch Reiter und Gespannfahrer gehören, deren Hof an einem der genannten Wege liegt.

Bedauerlich ist, dass das Gespannfahren in den vorgelegten Entwürfe keine Berücksichtigung findet. Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich beim freizeitmässigen Gespannfahren nicht um kommerzielle Kremserfahrten u.ä. handelt, sondern um private Nutzung eines umweltfreundlichen, traditionellen Fortbewegungsmittels mit hohem
kulturellem Wert, das vor allem älteren Menschen, Behinderten und Familien mit kleinen Kindern die seltene Gelegenheit besonderer Naturerlebnisse bietet. Aber auch kommerzielles Gespannfahren ist aus „sanftem“ Tourismus nicht wegzudenken.

Zwar werden Kutschen bei öffentlichen Anlassen immer gern gesehen; eine Möglichkeit, Nervenstärke und Kondition ihrer Gespannpferde zu trainieren wird den Fahrern aber in der freien Natur nicht eingeräumt. Nur, wer ein berechtigtes Interesse nachweisen kann, was in der Regel kommerziell begründet ist, kann eine Waldfahrerlaubnis bei der Unteren Forstbehörde beantragen. Privaten Fahrern bleiben nur öffentliche Wege und Strassen, auf denen bei hoher Verkehrsdichte ein sicheres Fahren mit Pferden nicht möglich ist. Wir möchten deshalb folgende Formulierung für die Regelung des Gespannfahrens in Feld und Wald vorschlagen:

Das Fahren mit Kutschen ist zum Zwecke der Erholung auf Wegen und Strassen, die mindestens 3 Meter breit sind, erlaubt, soweit keine strassenverkehrsrechtlichen Verbote bestehen. Die Grundstückseigentümer können die Wegenutzung durch Gespanne verbieten, wenn schutzwürdige Interessen entgegenstehen. Ein Anspruch auf Öffnung oder Entfernung von Wegschranken besteht nicht

Unter Sicherheitsaspekten wäre zu überlegen, ob die Befugnis zum Befahren der Wege von einem Nachweis einer Ausbildung des Fahrers abhängig gemacht werden sollte, wie sie z.B. die Prüfungsordnungen der Reitverbände vorsehen. Eine gesetzliche Vorschrift über die Ausbildung von Gespannfahrern gibt es bisher leider nicht. In Hessen und Bayern ist das Gespannfahren übrigens auf allen (Forst) Wirtschaftswegen gestattet.

In der Hoffnung, die Position der Reitverbände einleuchtend dargestellt zu haben verbleiben wir

mit freundlichen Grüssen

VFD Landesverband Pferdesport

Anlage:
Auszug Waldgesetz Rheinland-Pfalz