Stellungnahme der Naturschutzverbände
Berliner Morgenpost, 21.08.2000
Naturschützer gegen Öffnung aller Waldwege für Reiter
ddp Potsdam – Der Streit ums Reiten auf Waldwegen geht in die nächste Runde. Zahlreiche Brandenburger Naturschutzverbände treten dafür ein, die bisherige Regelung beizubehalten. Sie widersprechen damit der Forderung der Freizeitreiter- und Fahrervereinigung nach einer generellen Öffnung der Waldwege für das Reiten und Fahren mit Kutschen.
Reitsport in der Landschaft berge ?Konfliktpotenziale ? sowohl für den Naturschutz als auch die Erholung, sagte der Geschäftsführer des Landesbüros anerkannter Naturschutzverbände, Rüdiger Herzog. Die Verbände befürworten eine ?ausgewogene ?, länderübergreifende Ausweisung von Reitwegen durch die Forstämter. Herzog forderte von den Reitern eine besondere Sensibilität für Tier- und Naturschutz. Er warnte vor einer Schädigung von Bäumen direkt im ?Wurzelbereich ? entlang von Reitwegen, wenn diese häufig genutzt würden.
Bei wild lebenden Tieren könne es insbesondere in ökologisch bedeutsamen Gebieten zu Beunruhigungen und ?Scheuchwirkungen ? kommen. Schon das einfache ruhige ?Reitwandern ? führe oft zur Zerstörung von unbefestigten Wegen. Eine generelle Freigabe aller Waldwege für den Reitsport benachteilige deshalb Wanderer und Radfahrer.
Zu den anerkannten Naturschutzverbänden gehören der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), die Grüne Liga, der Landesjagdverband, die Naturfreunde und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Sie werden unterstützt vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), dem Fußgängerschutzverein für Umweltschutz und Sicherheit im Straßenverkehr (FUSS) sowie dem Waldbesitzerverband Brandenburg.
Das brandenburgische Landeswaldgesetz gestattet das Reiten im Wald nur auf dafür eigens gekennzeichneten und beschilderten Wegen. Die Forstämter haben bereits 5000 Kilometer als Reitwege ausgewiesen. Weitere Ausweisungen sind geplant.
Die Antwort vom VFD Uckermark
Allerorten ist die Natur durch den Menschen belastet, bedroht, gefährdet. Wie gut, dass es in unserer zivilisierten Welt Menschen gibt, die sich den Schutz der Natur zur Aufgabe machen!
Schutz der Natur muss keineswegs im Widerspruch zu ihrer Nutzung stehen. Viele Menschen haben sich in Verbänden zusammengeschlossen, um ein naturverbundenes Hobby auszuüben oder mit der Natur Geld zu verdienen. Fast alle davon verstehen sich als Naturliebhaber oder gar „Naturschützer“. Alle sind vom zunehmenden Flächenverbrauch durch die Zivilisation betroffen. Alle bangen um die Natur als ihren Lebensraum, als ihren
Freizeitraum, und versuchen, sie und ihre Interessen gegen andere Interessen zu verteidigen.
Pferde sind Bestandteil der Natur, länger und mehr als der zivilisierte Mensch. Wander- und Geländereiten ist eine sehr naturverbundene Beschäftigung für den Menschen. Naturschutz ist in den Satzungen der Reitverbände verankert und wichtiger Bestandteil der Reitausbildung. Pferde sind Teil der Natur, keine Naturzerstörer. Der Umgang mit dem Pferd
in seiner natürlichen Umwelt — also Feld, Wald und Flur statt Reithalle und Turnierplatz — fördert das Verständnis für die Natur und schult die Kenntnisse ihrer Zusammenhänge.
Ich bitte Sie, Ihre pauschale Ablehnung einer liberaleren Regelung des Reitens im Wald ausserhalb von Ballungsgebieten, wie sie die Pferdeverbände Brandenburgs mit einer Volksinitiative vorschlagen, zu überdenken. Bitte lesen Sie das Positionspapier Naturschutz und Pferd, das ich Ihnen diesem Brief beilege.Sie werden feststellen, dass unsere Positionen zum Naturschutz so gegensätzlich nicht sind.
Ich würde mich freuen, wenn wir Sie und die von Ihnen vertretenen Verbände zu einem freundlichen Gespräch, zum Beispiel auf einer bodenbrüterfreundlich spät gemähten Pferdeheuwiese in der Uckermark, begrüssen dürften.
Herzliche Grüsse,
Hilke Patzwall