Von GuSh

für Personen die professionell mit dem Pferd zu tun haben (hier Bereiter)

Sachverhalt:

Die Klägerin, die selbständige Pferdewirtschaftsmeisterin S., hat seit Ende März 2014 den Beritt des vierjährigen Pferdes „Grimur“ auf vertraglicher Basis übernommen. Das Pferd wird von ihr fünfmal wöchentlich geritten, wechselweise erteilt sie der beklagten Eigentümerin R. von „Grimur“ auch Unterricht.

Am 22.04.2014 wollte die Bereiterin „Grimur“ in der Halle reiten, da diese jedoch überfüllt war, entschied sie sich, im Einvernehmen mit der Eigentümerin, auf dem Außenreitplatz zu reiten.

Bis zu diesem Tag wurde „Grimur“ ausschließlich in der Halle geritten. Die Bereiterin ritt von der Halle in Richtung Außenreitplatz. Auf dem Weg dorthin fuhr, auf einem parallel neben dem Reitweg verlaufendem Fahrweg, ein PKW mit Pferdeanhänger.

Aufgrund der Geräusche hat sich „Grimur“ erschrocken und begann in Richtung Ausgang zu stürmen. Die Bereiterin hat die Kontrolle verloren und stürzte vom Pferd.

Ungeklärt blieb, ob „Grimur“, der als Durchgängerpferd galt, diese Verhaltensweisen zuvor bei der Eigentümerin gezeigt hatte. Fest steht jedoch, dass die Eigentümerin die Bereiterin davon nicht in Kenntnis gesetzt hat.

Die Eigentümerin war zum Zeitpunkt des Unfalls zwar auf der Reitanlage jedoch nicht in unmittelbarer Nähe des Geschehens.

Infolge des Sturzes zog sich die Bereiterin (Klägerin) einen komplizierten Sprunggelenksbruch zu. Die Spätfolgen waren zum Zeitpunkt der Urteilsfindung nicht absehbar.

Die Bereiterin macht Schmerzensgeld, sowie Heil- und Anwaltskosten geltend, außerdem beantragte sie festzustellen, dass sämtliche zukünftig entstehenden Schäden ersetzt werden.

Die Klage wurde in erster Instanz vom Landgericht Koblenz am 07.10.2016 abgewiesen.

Die dagegen eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht Koblenz am 21.03.2017 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Verfahren beim Bundesgerichtshof anhängig.

Begründung:

Beide Instanzen (Land- und Oberlandesgericht) haben einen Ausschluss der Tierhalterhaftung bejaht. Dazu muss man wissen, dass grundsätzlich der Tierhalter nach § 833 BGB für alle Schaden haftet, die durch sein Tier verursacht werden und in denen sich die sogenannte Tiergefahr verwirklicht.

Danach haftet der Tierhalter grundsätzlich erst einmal immer.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die grundsätzliche Tierhalterhaftung jedoch dann ausgeschlossen werden, wenn sich Personen der Tiergefahr aus beruflichen Gründen vorrübergehend aussetzen, ohne die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, typischerweise gilt das für Tierärzte und Hufschmiede.

Das gilt aber dann nicht, wenn jemand aus beruflichen Gründen für einen längeren Zeitraum mit einem Tier zu tun hat und die vollständige Herrschaft über das Tier und damit eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit erlangt. Denn so besteht die Möglichkeit Schädigungen durch das Tier zu verringern oder zu verhindern. Typischerweise wäre das der Fall, wenn jemand für einen längeren Zeitraum ein Pferd übernimmt, z.B. zur Ausbildung oder zur Genesung und dieses berufsmäßig macht. In diesen Fällen wird ein stillschweigend vereinbarter Haftungsausschluss angenommen.

Beide Gerichtsinstanzen sind von diesen Voraussetzungen ausgegangen, da die Bereiterin seit einigen Wochen mehrere Tage die Woche Umgang mit dem Pferd hatte, mit ihm vertraut war, die nötige Sach- und Fachkenntnis besaß, den Beritt vertraglich übernommen hatte und zum Zeitpunkt des Schadens die alleinige Herrschaft über das Pferd ausübte.

Unberücksichtigt blieb hier der Umstand, dass „Grimur“ ein sogenanntes „Problempferd“ Durchgänger war und dieser Umstand möglicherweise von der Eigentümerin verschwiegen wurde.

Grund: Im Rahmen der Tierhalterhaftung würde der Umgang mit schwierigen Pferden nur insoweit Bedeutung haben, wie es den Schadensersatzanspruch des Geschädigten aufgrund von eigenem Mitverschulden verringern könnte. Da die Bereiterin wegen des angenommenen Haftungsausschlusses schon keinen Schadensersatzanspruch hat, ist die Frage des Mitverschuldens unerheblich.

Die Frage, ob der Bereiterin aus einem möglichen Verschweigen von „Grimurs“ eventuell ein Anspruch aus einem schuldhaften Verhalten der Eigentümerin entstehen könnte, wurde vom Gericht verneint, so dass es auf die Behauptung, die Eigentümerin habe die Unart verschwiegen, nicht mehr ankam.

Was sagt uns diese Entscheidung?

Wer professionell mit fremden Pferden arbeitet ist gut beraten eine vernünftige Versicherung zu haben. Selbst wenn die unmittelbaren Behandlungskosten von den Krankenversicherungen übernommen werden, geht es hier vor allem auch um die Feststellung und Übernahme späterer Folgeschäden und vor allem auch um Schmerzensgeld, welches bekanntlich nicht von Krankenversicherungen übernommen wird.

Bei selbständigen Pferdetrainern kommt noch der Ersatz des Verdienstausfalles hinzu.

Alternativ sollte überlegt werden, ob bei Beritt- oder Ausbildungsverträgen ausdrücklich die Klausel aufgenommen wird: Kein Haftungsausschluss für Schädigungen durch das Pferd.