RitteRückblick

VFD-Naturparkritt Ruppiner Land – der Ritt der alten Hasen

Von Birgit Groth

Erinnerungen an den ersten VFD-Naturparkritt im Jahr 2002 wurden wach, als sich nahe des Stechlinsees die Routen der beiden Ritte auf einigen Kilometern deckte. Seither wurde in jedem Jahr eine neue Region mit Quartieren und pferdefreundlichen Gaststätten für Wanderreiter erschlossen. Der einwöchige „Naturparkritt“ ist mittlerweile ein Aushängeschild der VFD Berlin-Brandenburg und für viele Mitreiter ein fester Bestandteil der Jahresplanung.
Eine Besonderheit der Naturparkritte ist, dass sich jedes Jahr andere Organisatoren für den Ritt finden. So ändern sich nicht nur die Landschaft, die Quartiere, die Wege, die Zusammensetzung der Mitreiter, sondern auch immer ein wenig der organisatorische Rahmen, je nach den Vorlieben der RittplanerInnen! Damit hat bisher jeder Ritt zugleich bekannte und bewährte Strukturen (z.B. Rittführung in kleinen Gruppen oder das identitätsstiftende Ritt-T-Shirt für alle Teilnehmer) und bleibt doch mit seinen Besonderheiten fest im Gedächtnis verankert.

Am Kornblumenfeld Foto: Ralf Wörz

Die Hauptarbeit mit der Organisation des diesjährigen Rittes hatte Claudia Christ, die zu den Gründern des VFD Berlin-Brandenburg zählt und für den Landesverband u.a. als Ansprechpartnerin für den Messestand bei der Hippologica nicht mehr wegzudenken ist. Sie brachte gleich ihre beiden Isländer mit, die sie abwechselnd ritt und als Handpferd mitführte. Unterstützt wurde sie durch Vorstandsmitglied Christoph Herrmann, der die wenigen freien Momente, die ihm sein Sohn Jonathan während der Elternzeit ließ, für den Ritt nutzte. Christoph hatte auch die Idee, mit der Rittstrecke rund um die Ruppiner Heide (ehemaliges militärisches Sperrgebiet und als Bombodrom bekannt) den Erfolg der Bürgerinitiative „Freie Heide“, bei der sowohl der Landesverband als auch einzelne VFD-Mitglieder engagiert waren, zu feiern. Leider ist ein direktes Durchreiten des Gebietes wegen gefährlicher Munitionsreste – aber auch aus Naturschutzgründen – wohl in absehbarer Zeit nicht möglich. Doch auch die Randgebiete haben herrliche schnelle Reitwege, wie wir beglückt festgestellt haben. Herzlichen Dank an Claudia und Christoph für euer großes Engagement!

Start und Ziel der Reitwoche war der VFD-Ausbildungsstall Kremserhof Zermützel von Jürgen Strache und seiner Frau Natascha. Sie wussten natürlich genau, was so ein Wanderreiter braucht. Langatmige Erklärungen waren völlig überflüssig, und wir konnten uns einfach wohlfühlen. Auf den Märkischen Höfen in Netzeband durften wir im Garten am Teich unterhalb des stilvoll restaurierten Gutshauses campieren. In Berlinchen gab es ein wunderbares Lagerfeuer und morgens den einzigen Regen, der jedoch mit dem Abritt gnädig weiterzog. Von unserer gemütlichen Waldwiese in Repente hatten wir am Ruhetag einen weiten Blick ins Tal. Besonders in Erinnerung bleiben bestimmt die 5 weißen „Eisbären“ (Berger Suisse Blanc), die supergut erzogen bei allen Mahlzeiten auf dem Hof Repente dabei waren. Das Gruppenfoto entstand in Zernikow auf der beeindruckenden Gutsanlage. Hier gab es den besten Kaffee, dem ich nach tagelangem Entzug auch abends nicht widerstehen konnte.
Und zwischen den Quartieren tummelten wir uns in 3 oder 4 Gruppen überwiegend auf wunderbaren Sand-, Wald- und Wiesenwegen in weitgehend menschenleerer, abwechslungsreicher Landschaft. Wer wollte, fand immer einen See, eine endlos lange Galoppstrecke oder erfreulich kurzweilige schlängelige Wege. Die Gruppen haben sich gleich so gefunden, dass überhaupt kein Austausch in der Woche mehr stattfand. Ein Indiz, dass fast ausschließlich alte Hasen dabei waren, die sich und ihre Pferde untereinander gut einschätzen konnten. Und es gab keinerlei Aus- oder Notfälle – wunderbar! 
Erwähnenswert ist auch, dass sich all die versierten ReiterInnen (darunter viele Rittführer und Distanzreiter, die sicher ihren Weg auch allein gefunden hätten) die ganze Woche auf ihre Gruppe eingelassen haben und zugunsten der Gemeinschaft lieber mal Kompromisse beim Ritttempo usw. eingingen. Aber eigentlich logisch: allein oder zu zweit reiten wir alle oft genug. Die VFD-Wanderrittwoche erfüllt dagegen den Wunsch nach Austausch und Herausforderung. Denn welches Pferd verhält sich in der Gruppe nicht ganz anders als gewohnt?
Hoffentlich haben wir keine unnötigen Spuren und nur gute Erinnerungen in der Region hinterlassen.

P.S. Für die Insider noch ein paar Bemerkungen zu den Teilnehmern:

  • Christoph Herrmann und Barbara Hueber haben den Ritt mit 3 Pferden, 2 Kleinkindern und einem Welpen begleitet, indem abwechselnd jeweils einer von ihnen auf den Nachwuchs aufpasste und das Gespann zum nächsten Quartier fuhr und der andere mit 2 Handpferden die Strecke genoss. Beide waren schon 2002 dabei. Christoph ist nunmehr der Einzige, der mit dem gleichen Pferd (Kandor, 20 jähriger Warmblutschimmel) jedes Jahr an den Naturparkritten teilgenommen hat! Herzlichen Glückwunsch zu diesem Rekord.
  • Auch Marén Gebert war bisher jedes Jahr mit dem gleichen Pferd dabei. Leider verstarb ihr Leib- und Magenpferd McGarret in diesem Frühjahr. Er hatte uns alle gelehrt, dass lange Wanderritte für ein asthmakrankes Pferd wahre Jungbrunnen sein können. Niemand hätte ihm so viele erfolgreich absolvierte Wanderritte zugetraut. Wir sind traurig, dass er nicht mehr dabei ist.
  • Christof Nickel gehört ebenfalls zu den Mitreitern von 2002. Fast jedes Jahr ist er auf seinem schweren, immer sehr gut trainierten Brandenburger Wallach Rondo mit dabei gewesen und zeigt uns mit seinen inzwischen über 70 Jahren Lebenserfahrung, dass die Zeit des Wanderreitens noch lange nicht vorbei sein muss.
  • Susanne von Gersdorff ist ebenfalls eine Mitstreiterin der ersten Stunde und hat im Landesverband inzwischen den Hauptteil der Gelände- und Wanderreiterausbildung übernommen. Als Rittführerin besonders beliebt bei den Badenixen, denn sie findet immer einen Zugang zu einer Badestelle.
  • Rittführerin Marion Sieg macht eine gute Figur auf Lasse, dem Norweger von Christian Frasch, der selbst seinen Nachwuchs-Fjordi ritt. Marions Traber Jasko wurde von ihrer Freundin Monika Müller geritten. Monika ist von einer Gluten-Unverträglichkeit geplagt und inzwischen freuen und leiden wir alle mit – je nachdem wie gewieft sich unsere Gastgeber jeweils darauf einstellen, ihr die getreidehaltigen Nahrungsmittel adäquat zu ersetzen.
  • Unzertrennlich ist das ungleiche Pferdepaar von Kerstin Brömer, die sonst immer mal wieder zum VFD-Stammtisch nach Schönhagen bei Trebbin einlädt. Die Welsh-Stute Beverly ist genauso lauflustig wie der kleine Pumuckl, wohl höchstens 1,30 m groß, der von Bettina Wolf geritten wurde. Kerstin und Bettina gehören zu den viel bestaunten Schnellpackern, wenn sie morgens schon lange neben ihren Gepäckstücken sitzend auf den Abritt warten.
  • Besonders aktive Gelände- und Wanderreiter kommen aus dem Havelland. Hier hat sich um Viola Köhler aus Rathenow eine gut gelaunte Gruppe gebildet, die ganzjährig interessante Ritte anbietet. Eine Delegation war dann auch beim VFD-Naturparkritt dabei: Viola auf ihrem Araber Salu, Gisela Schulz mit Sam, Walter Binsau mit seiner beeindruckenden Friesenstute Femke, Anett Richter (die wie Bettina trotz unseres Zigeunerlebens immer vorbildlich frisiert war) und natürlich Claudia Schermer mit Lois, die mit Gesang und Gitarre für Lagerfeuerromantik sorgte. Und auch Sabina Pratsch mit Traberstute Lindos Elgina kommt aus dem Havelland.
  • Die Zossen-Wünsdorfer Flitzer Okapi und Raffael mit ihren Reiterinnen Heike Davideit und Antje Große fügten sich harmonisch ein, denn bis auf einen zerbrochenen Steigbügel für den sich schnell Ersatz fand und meine Verwunderung, wie büffelig der sonst beim Reiten so fein reagierende Okapi sich anstellte, als ich ihn mal halten durfte, kann ich mir keine angenehmere Rittbegleitung vorstellen. Sie haben diesmal einen Neuling mitgebracht: Lydia Fiehn mit Traber Hannibal hat sich trotz der Strapazen vom „Wanderreit-Fieber“ anstecken lassen und die Gelegenheit genutzt, sich umfassend über Ausrüstungsvarianten und „Überlebensstrategien“ zu informieren. Ein effektiverer Schnelleinstieg ins Wanderreiten ist kaum denkbar.
  • Bereits seit Jahren werden wir von Distanzreitern der Schwäbischen Alb besucht, die erkannt haben, wie sinnvoll so eine Wanderreitwoche als Training für schwere Distanzritte ist. So haben Jürgen Banzhof genannt Banny und sein schicker Vollblut-Araber  Abakadabra nach dem Naturparkritt im letzten Jahr einen langen Distanzritt gewonnen. Wieder mit dabei war auch Ralf Wörz mit seiner schönen Sabrina. Vor zwei Jahren hatte sie sich im tiefen Sand am Rande der Märkischen Schweiz die Sehne angerissen. Diesmal ging alles gut. Lustig nur, wie sich die Schwaben über jeden Schotterweg freuen, da er an das heimische Geläuf erinnert und die Sorgen um die Pferdebeine verblassen. Der für uns alltägliche Trab über wurzeldurchsetzte sandige Waldwege dagegen wird von skeptischen Kommentaren begleitet.
  • Samantha Fröhlich hatte viel zu tun mit ihrer zähen, unermüdlichen Stute Ghariya, der es in den ersten Tagen viel zu langsam voran ging. Aber auch diesem Pferd hat die tägliche Routine und die Sicherheit der gleich bleibenden Gruppe richtig gut getan und sie arrangierte sich zum Schluss an jeder Position. Samanthas fröhliche Terrier-Hündin Sunny ist ein toller Reitbegleiter und hat uns die ganze Woche erfreut.
  • Unverzichtbar ist natürlich unser Andreas. Er war seit 2002 dabei, zunächst als Begleiter seiner Frau Marén und dann immer mehr als First-Class-Trossfahrer, Betreiber der Bar „Zum letzten Hänger“ und Servicestelle für alle erdenklichen Nöte der Gruppe. In diesem Jahr unterstützt durch Anetts Ehemann Jens.
  • Und auch ich habe jedes Jahr teilgenommen – immer als Rittführerin, manchmal auch als Prüferin und vermutlich mit den meisten unterschiedlichen Pferden. Diesmal mit der seit Jahren unterbeschäftigten Araberstute Sharifa. Wieder wurde bestätigt, wie schnell sich ein Pferd in das Wanderreiterleben eingewöhnt und wieviel es dabei in kürzester Zeit lernt. Nur der Abschied, der ist schmerzlich sowohl für 4- als auch 2-Beiner, wobei letztere vielleicht der Gedanke an das bequeme Bett daheim und die Aussicht auf den nächsten Wanderritt tröstet.