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Waldsperrungsverfahren Forstamt Belzig

Wir veröffentliche hier das Einwandschreiben, der VFD Berlin-Brandenburg vom 16.9.2005 wie es heute durch die Kanzlei Dombert Rechtsanwälte eingereicht wurde.

Jeder (Mitglied, Nichtmitglied, Berliner, Brandenburger oder sonst wo
Wohnender) der den Schriftsatz unterstützen möchte und dies bisher noch nicht tun konnte, kann und sollte auch noch in den nächsten Tagen aktiv werden und dem Forstamt mitteilen, dass er/sie die Inhalte des Schreibens mittragt!!

Füllt einfach das Zustimmungsblatt aus und schickt es an das Forstamt Belzig

Amt für Forstwirtschaft Belzig
Forstweg 8
14806 Belzig

Fax: 033841-62560

Die Kanzlei wird uns auch beim weiteren Verlauf des Verfahrens unterstützen. Trotzdem werden wir weiter aktiv sein müssen.
Falls es zur beantragten Akteneinsicht kommt, brauchen wir Unterstützung von Leuten, die die Wege vor Ort kennen. Es wäre gut, wenn sich schon jetzt diejenigen bei mir melden würden, die im Forstamtsbereich wohnen/reiten, die Wege kennen und dazu bereit wären. Meldet euch bitte unter birgit.christine.groth@web.de mit Namen, Adresse, Telefon, email-Adresse.

Hier nun das Einwandschreiben

VFD Berlin-Bbg. e.V. ./. Amt für Forstwirtschaft
Sperrung von Waldwegen für das Reiten

Sehr geehrte Damen und Herren,

in vorbezeichneter Angelegenheit zeigen wir an, dass wir die Vereinigung der Freizeitreiter und –fahrer in Deutschland e.V., Landesverband in Berlin-Brandenburg, vertreten. Auf uns lautende Vollmacht ist beigefügt.

Sie beabsichtigen, Waldwege in Ihrem Zuständigkeitsbereich für das Reiten und/oder Gespannfahren zu sperren. Hierzu nehme ich Stellung:

Gegen die beabsichtigte Sperrung bestehen durchgreifende Einwände. Diese lege ich nachstehend dar. Ergänzung bleibt vorbehalten. Ich benötige Akteneinsicht. Diese wird hiermit beantragt.

Im Einzelnen:

1. Unsere Mandantin ist ein eingetragener Verein, der sich für die Belange des Freizeitreitsports einsetzt. Der Verein beteiligt sich im Interesse des Freizeitsports in baurechtlichen und tierschutzrechtlichen Verwaltungsverfahren und wird bei öffentlich-rechtlichen Planungsverfahren über den Landessportbund und den Landespferdesportverband Berlin-Brandenburg hinzugezogen. Für Einzelheiten des Vereinslebens wird auf die Internetseite verwiesen: www.vfd-bb.de. Die vorliegende Stellungnahme wird zugleich im Namen des Vereins und im Namen seiner Mitglieder abgegeben. Auf die beigefügte Mitgliederliste nehme ich Bezug – um vertrauliche Behandlung wird gebeten.

2. Mit der angekündigten Sperrung einzelner Waldwege in Ihrem Zuständigkeitsbereich soll – so ersichtlich – erstmals in größerem Umfang von der Waldsperrungsverordnung vom 03.05.2004 (WaldsperrV) Gebrauch gemacht werden. Nach § 18 Abs. 2 Landeswaldgesetz (LWaldG) bedarf das Sperren von Wald der Genehmigung durch die untere Forstbehörde. Eine Waldsperrung gemäß § 18 Abs. 1 LWaldG bzw. § 1 Abs. 1 WaldsperrV schränkt das allgemeine Betretungsrecht nach § 15 des Landeswaldgesetzes ein. Sie kann sich auf Waldgebiete, bestimmte Waldflächen abseits von Wegen (Wegegebot) oder auf bestimmte Betretungsarten beziehen (§ 1 Abs. 2 WaldsperrV). 

Ihre Bekanntmachung (ohne Datum) einer Anhörung erstreckt sich auf ca. 268 Teilsperrungen von Waldwegen. Es sind ausschließlich die Nutzungsarten Reiten und Gespannfahren betroffen. Angesichts einer so massiven Einschränkung der Waldnutzung drängt sich der Verdacht auf, dass im Zuständigkeitsbezirk des Forstamtes Belzig die Entscheidung des Gesetzgebers, den Reitsport im Allgemeinen Betretungsrecht aufgehen zu lassen, rückgängig gemacht werden soll. Ich halte fest, dass öffentliche Interessen für derartige Einschränkungen nicht ansatzweise dargelegt oder erkennbar sind. 

2.1. Nach § 15 Abs. 1 LWaldG ist das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung jedermann gestattet, soweit dem nicht Interessen der Allgemeinheit entgegenstehen. Für das Reiten im Wald bestimmt § 15 Abs. 4 S. 2 LWaldG, dass sich das Reiten sowie das Fahren mit nicht motorisierten Gespannen nur auf Waldwege und Waldrandrundstreifen beschränken darf. Waldwege sind dabei Wirtschaftswege (§ 15 Abs. 4 S. 3 LWaldG), die von zwei- oder mehrspurigen Fahrzeugen befahren werden können. § 15 LWaldG füllt damit den bundesrechtlichen Rahmen nach § 14 Bundeswaldgesetz (BWaldG) aus und beschreibt die Rechte der Allgemeinheit, die der Waldbesitzer im Rahmen der Sozialpflichtigkeit dulden muss, 

vgl. zur Vorgängerregelung: OVG Brandenburg, NuR 1997, 562. 

Der Gesetzgeber hat mit der Einführung eines allgemeinen Betretungsrechts, insbesondere mit dem Wegfall der Ausweisung von Reitwegen im Wald, eine Anpassung an die geänderten Nutzungsbedürfnisse der Bevölkerung und der Waldbesitzer vorgenommen. Im Zuge dieser Überarbeitung ist das allgemeine Betretungsrecht in § 15 LWaldG erheblich gestärkt und insbesondere auf das Reiten und Gespannfahren auf Waldwegen erstreckt worden. Mit der generellen Freigabe der Waldwege für das Reiten hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich von einer überholten Vorstellung der Waldnutzung und einer Fehlsteuerung der Forstverwaltung verabschiedet (LT-Drucksache 3/6677):

„Die Regelung zum Reiten im Wald im bisher geltenden Landeswaldgesetz machte eine Ausweisung von Reitwegen erforderlich, welche nicht den Umfang erreichten, um die vorhandenen gesellschaftlichen Ansprüche zu befriedigen und den Verhältnissen im Land ausreichend Rechnung zu tragen. Diese Regelung machte ein Verwaltungshandeln dort notwendig, wo behördliches Handeln in diesem Umfang nicht notwendig war, nämlich im überwiegend vorhandenen dünn besiedelten ländlichen Raum. Die neue Regelung macht ein Verwaltungshandeln nur noch da erforderlich, wo Interessenkollisionen vermieden werden müssen, also vorrangig in Ballungsgebieten, die im Vergleich zur Gesamtfläche des Landes eine untergeordnete Rolle einnehmen. Dort wird es Aufgabe der Forstverwaltung sein, die unterschiedlichen Interessen abzuwägen und gegebenenfalls das Reiten auf bestimmten Waldwegen zu untersagen. 

Mit dieser neuen Regelung wird ferner die Intention des Novellierungsentwurfs zum brandenburgischen Naturschutzgesetz aufgegriffen, auf den Wald übertragen und für eine Harmonisierung der Reitregelung in der freien Landschaft insgesamt gesorgt. Damit schließt sich das Land Brandenburg der Mehrzahl der Länder der Bundesrepublik Deutschland an, die eine liberale Reitregelung im Wald favorisieren. 

Sowohl das Reiten als auch das Fahren mit nicht motorisierten Gespannen ist nur auf Waldwegen erlaubt, die per Definition die Gewähr bieten, dass ein Konflikt mit anderen Erholungssuchenden nicht zu erwarten ist. Die Definition der Waldwege sichert eine gewisse Mindestbreite und einen Mindestzustand und schließt das Reiten auf schmalen Pfaden von vornherein aus.“

2.2. Aus der Gesetzesbegründung folgt, dass der Novellierung eine gesellschafts-politische Abwägung zugrunde liegt. Anders als in der ursprünglichen Gesetzesfassung ist im Interessenkonflikt zwischen Erholungsnutzung und Nutzungsverbot der Forstwirtschaftliche Nutzungszweck vorweg eingegrenzt worden: „Reiten im Walde“ geht nach der in § 15 LWaldG zum Ausdruck gekommenen Abwägungsentscheidung der Nutzungsuntersagung grundsätzlich vor. Infolge dieser Entscheidung ist auf der Verwaltungsebene zu berücksichtigen, dass der Freizeitreitsport auf Waldwegen grundsätzlich zugelassen und nur im Ausnahmefall, d.h. bei Vorliegen wichtiger Gründe, ausgeschlossen werden soll. Der Gesetzgeber hat damit ein Regel-/Ausnahme-Verhältnis eingeführt.

2.3. Auf die Bestimmung der Sperrungsvoraussetzungen wirkt sich die gesetzgeberische Entscheidung wie folgt aus: 

2.3.1. Gemäß § 18 Abs. 3 LWaldG ist eine Waldsperrung nur im öffentlichen Interesse zulässig, wenn wichtige Gründe vorliegen, insbesondere 

„1. des Wald- und Forstschutzes einschließlich der Ziele des Naturschutzes, 
2. der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung oder 
3. des Schutzes der Waldbesucher.“

2.3.1.1. Der Gesetzgeber hat den Begriff des „wichtigen Grundes“ aus der Rahmenregelung des § 14 Abs. 2 BWaldG übernommen hat. Auch wenn § 1 Abs. 1 S. 3 WaldsperrV den Begriff des „wichtigen Grundes“ nicht erwähnt, ist er in die Zulässigkeitsvoraussetzungen hinein zu lesen. Hatte der Landesgesetzgeber die „Richtlinie“ des § 14 Abs. 2 BWaldG einzuhalten, ist erst recht der Verordnungsgeber an den bundesrechtlichen Rahmen gebunden. Dass demnach öffentliche Interessen, die das Betretensrecht einschränken könnten, von gravierendem Gewicht sein müssen, ist insbesondere bei der Auslegung des § 1 Abs. 1 WaldsperrV zu beachten. Nach der genannten Bestimmung nach kommt eine Waldsperrung nur in Betracht, wenn entweder eine „Gefahr“ vorliegt, oder „erhebliche Beeinträchtigungen“ zu besorgen sind. Versteht man üblicherweise unter dem Gefahrenbegriff einen Geschehensablauf, der bei ungehindertem Fortgang mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden führen würde, kann als möglicherweise betroffenes Schutzgut nicht generell auf den Wald, die Interessen von Waldbesuchern oder der Waldbesitzer verwiesen werden (in diesem Sinne wohl Klose/Orff, Forstrecht, 2. Aufl., 1998, § 14 BWaldG, Rn. 102). Denn deren Interessen hat der Gesetzgeber bei der oben dargestellten Abwägungsentscheidung in Bezug auf die Benutzung der Waldwege bereits berücksichtigt und – pauschal und vergröbert formuliert – als Regelfall zurücktreten lassen. Eine Gefahr im Sinne des § 1 Abs. 1 WaldsperrV kann demnach nur gegeben sein, wenn durch Freitzeitreitsport und andere Waldnutzungen (§ 15 Abs. 4 S. 3 LWaldG) eine atypische, also vom Gesetzgeber noch nicht berücksichtigte Gefahrenlage festgestellt werden kann. Dass eine solche bei der von Ihnen beabsichtigten Sperrung von 268 Waldwegen (!) pauschal vorliegen würde, ist bisher nicht dargetan und für mich auch sonst nicht ersichtlich. 

2.3.1.2. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt man, wenn man darauf abstellt, dass nach § 1 Abs. 1 WaldsperrV „erhebliche Beeinträchtigungen“ die Waldsperrung rechtfertigen könne. Der Begriff der „erheblichen“ Beeinträchtigungen belegt, dass eine schlichte Beeinträchtigung, die also dem Freizeitreitsport sozusagen immanent ist, zur Sperrung nicht ausreicht, also von anderen Nutzungsberechtigten hinzunehmen ist. Nur Beeinträchtigungen, die über die typische Gefährdungslage hinausgehen, können dem Nutzungsinteresse des Reitsports entgegen gehalten werden. Dass derart gravierende Beeinträchtigungen zu befürchten wären, ist im gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht festzustellen.

2.3.2. Aus der dargestellten Systematik folgt allerdings, dass die Bekanntmachung der Anhörung von einem Missverständnis geprägt ist. Nicht die Anhörungsberechtigten haben die gegen die Sperrung streitenden Gründe darzulegen, sondern Sie als die Behörde, die einen Ausnahmetatbestand verwirklichen will, haben die Umstände anzugeben, die die Sperrung rechtfertigen. Die Darlegungs- und Beweislast für die beabsichtigte Sperrung obliegt Ihnen. Es ist Aufgabe der unteren Forstbehörde, dieser Darlegungs- und Beweislast nachzukommen. Darlegungsmängel und Beweisschwierigkeiten gehen zu Lasten der unteren Forstbehörde. Dem entsprechend ist auch der Eindruck in der öffentlichen Bekanntmachung zu korrigieren, nachdem es Sache der Allgemeinheit wäre, eine Begründung dafür vorzutragen, weshalb ein Waldweg für das Reiten bzw. Gespannfahren offen zu halten wäre. Ausdrücklich verlangen Sie eine ausführliche Darstellung der Interessen und Gründe für eine „Nichtsperrung“. Festzuhalten ist, dass die Nicht-Sperrung durch die Entscheidung des Gesetzgebers in § 15 LWaldG als Regelfall vorauszusetzen ist: Das Reiten auf Waldwegen bedarf demnach keiner Begründung und – entgegen der früheren Rechtslage – keiner behördlichen Zulassung.

3. Geht man hiervon aus, steht fest, dass im Hinblick auf Ihre Sperrungsabsichten wichtige Gründe im Sinne des § 18 Abs. 3 LWaldG nicht ansatzweise dargetan sind. 

  • Teilweise sind Wege in Ihrer Bekanntmachung genannt, die nicht von der Zuständigkeit des Forstamtes Belzig erfasst sind, z.B. öffentliche Wege (wie der Schwarze Weg Buchholz-Werdermühle), Feldwege außerhalb des Waldes (z.B. westlicher Teil des Weges Nr. 183 bei Buchholz).
  • Teilweise sind Waldwege aufgeführt, die vor der Novelle des Waldgesetzes als Reitwege ausgewiesen waren, „wichtige Gründe“ für den Ausschluss des Reitsportes also bereits von Ihrer Behörde ausgeschlossen worden sind. Hier sind auch die Waldwege auf der Naturpark-Reitroute (z.B. Zuweg zum Hof Reetzerhütten) und der Kremserrundweg zu erwähnen, die erst vor kurzem mit Zustimmung der Forstbehörden mit EU-Fördermitteln eingerichtet worden sind. Hier dürfte bereits der Einwand widersprüchlichen Verhaltens der Forstbehörde einer Sperrung entgegenstehen.
  • Eine Differenzierung der ausgeschlossenen Nutzungsart nach Reiten und Gespannfahren wird in keinem Fall vorgenommen. Ein Gleichbehandlungsverstoß ist darin ebenso zu sehen wie in der unterschiedlichen Behandlung des Reitsportes gegenüber anderen Waldsportarten (Nordic Walking, Crossradfahren, Joggen). Festzuhalten ist, dass die meisten betroffenen Wege in ländlichen Regionen und nicht im Ballungsraum um Berlin liegen. Interessenkollisionen und Nutzungskonflikte sind bei keinem der Wege bekannt. Die genannten Wanderwege im Fläming sind zudem so gering frequentiert, dass eine Gefahr für Wanderer von den Freizeitreitern nicht ausgeht.

3.1. Dem entsprechend geht auch das Anhörungsrecht unseres Mandanten ins Leere. Wozu soll unser Mandant Stellung nehmen? Anhand des ausgelegten Kartenmaterials lassen sich Lage und Länge der beabsichtigten Sperrung nicht sicher nachvollziehen. Häufig scheinen Wege unter einer Nummer zusammengefasst zu sein, die unterschiedliche Funktionen und Eigentümer haben. So werden auch Waldwege genannt, die durch § 15 Abs. 4 S. 3 LWaldG bereits für das Reiten gesperrt sind (einspurige Wege oder Pfade). Ein weiterer Abgleich der Wegeliste und der dazugehörigen Karten ist bereits nach einer überschlägigen Prüfung mit Sicherheit nachzuholen. Da allen Beteiligten aber ein Recht auf Kenntnisnahme von den der Behörde bekannten, für die Entscheidung erheblichen Tatsachen oder Anträgen zusteht, ist nach § 28 VwVfG das hiermit geltend gemachte Recht auf 

Akteneinsicht

zu berücksichtigen. § 28 VwVfG kommt zur Anwendung. Die von Ihnen beabsichtigte Sperrung ist als Allgemeinverfügung Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG Bbg. Daher bitten wir mit unserem Büro abzusprechen, wann es uns ermöglicht wird, Einsicht in die bei Ihnen geführten Unterlagen zu nehmen. Eine ergänzende Stellungnahme behalten wir uns vor. 

3.2. Gegenüber unserer Bitte und der Ankündigung weiteren Vortrages kann nicht auf die von Ihnen gesetzte Anhörungsfrist verwiesen werden. Die Anhörungsfrist wäre gegebenenfalls zu verlängern. Sie muss angemessen sein. Die Angemessenheit bedeutet hier, dass mehr als 270 Wege das Vorliegen der Sperrungsvoraussetzungen darzutun ist. Im konkreten Fall bedarf es bei unserem Mandanten der Abstimmung mit den in den einzelnen Regionen wohnenden Vereinsmitgliedern. 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Herrmann

Das Einwandschreiben als PDF Datei (67KB)