HistorieReitrecht

Stand der Volksinitiative – Juni 2000

Pressemitteilung

des Vorstandes der Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland e.V. (VFD), Landesverband Berlin-Brandenburg und des Präsidiums des Landesverbandes Pferdesport Berlin-Brandenburg e.V. 
Volksinitiative zur Neufassung der  § § 20 Abs. 3 und 47 Abs. 2 Nr. 1 des Brandenburgischen Waldgesetzes

Pferdeverbot im Brandenburgischen Wald bald Vergangenheit 
Reitverbände fordern Novellierung des Landeswaldgesetzes
Schon 14.000 Unterschriften gesammelt

Die Interessenvertretungen der Reiter und Fahrer in Brandenburg fordern eine Änderung des Brandenburgischen Waldgesetzes. Dieses ist abweichend vom Bundeswaldgesetz für die Reiterei sehr restriktiv: Im  § 20 Abs. 3 ist ein generelles Betretungsverbot der Waldwege für Pferde festgeschrieben. Reiten und Fahren mit Pferden ist in Brandenburgs Wäldern nur auf extra dafür ausgewiesenen und beschilderten oder öffentlichen Wegen erlaubt. Weder Anzahl noch Qualität der laut Waldgesetz bisher ausgewiesene Reit- und Fahrwege ist ausreichend. Gemäß  § 47 Abs. 2 Nr. 1 ist sogar das Führen von Pferden auf nicht ausgewiesenen Reitwegen verboten und wird als Ordnungswidrigkeit verfolgt.

Wir fordern:

Neufassung des  § 20 Abs. 3 und des  § 47 Abs. 2 Nr. 1 Landeswaldgesetz dahingehend, dass das Reiten und Fahren mit Pferden auf den Wegen im Wald allgemein gestattet wird. 

Die Reitverbände müssen als sachkundige Interessenvertretungen in die Planung und Entscheidungsfindung zu allen Reitwegefragen einbezogen werden.

Begründung:

Eine Diskriminierung der Pferdesportler, die eine Minderheit der Waldnutzer bilden, durch das bestehende Waldgesetz ist nicht akzeptabel. Weder die bestehende Pferdedichte noch die erwartete Entwicklung des Pferdesports in Brandenburg rechtfertigen eine derart restriktive Regelung des Reitens im Wald. 

Mit der geforderten Änderung des Waldgesetzes wird das generelle Betretungsverbot der nicht-öffentlichen Waldwege für Reiter und Kutschen umgewandelt in ein Betretungsrecht, wie es auch für Radfahrer und Fußgänger gilt. Nur dort, wo es besondere Umstände unumgänglich machen, können einzelne Waldwege für das Reiten gesperrt werden. Abweichend davon ist in Ballungsgebieten (wie im Berliner Umland) aufgrund der höheren Frequentierung des Waldes weiterhin eine Beschränkung des Reitens auf ein speziell ausgewiesenes Reitwegenetz akzeptabel. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein in Qualität und Quantität gutes Reitwegenetz zur Verfügung steht, an dessen Festlegung die Reiter maßgeblich beteiligt werden.

Stichwort „Wirtschaftsfaktor Pferd“: Brandenburg will Tourismus und wirbt mit seiner intakten Natur. Schon heute möchten viele Urlauber in Brandenburg etwas mit Pferden zu tun haben. Das Spektrum der Wünsche reicht hier vom Urlaub auf dem Bauernhof über die Kremserfahrt bis zum geführten mehrtägigen Wanderritt. Statistisch gesehen sichern 3 bis 4 Pferde auf dem Land einen Arbeitsplatz: neben dem Tourismus in den Bereichen Pferdehaltung, Ausbildung, Zucht & Verkauf, Tiermedizin, Hufschmiede, Handel mit Ausrüstung und Zubehör von der Reithose bis zu Pferdetransportern, Versicherungen, in der Landwirtschaft durch das Vermieten von Stall- und Weideplätzen und durch Gewinnung und Verkauf von Futtermitteln. Dieses Potential läßt sich nur entwickeln, wenn eine entsprechende Infrastruktur geschaffen wird, die Brandenburg in der Konkurrenz als „Reiterland“ mit anderen Gebieten (wie z.B. der Lüneburger Heide) mithalten läßt. Die derzeitige gesetzliche Regelung wirkt sehr abschreckend auf Pferdetouristen und hat Brandenburg bereits ein negatives Image als „pferdefeindlich“ eingebracht.

Grundsätzlich braucht das ländliche Brandenburg kein speziell angelegtes, ausgeschildertes Reit- und Fahrwegenetz. Es gibt genügend schon vorhandene, für das Reiten und Fahren sehr gut geeignete Wege im Wald, auf denen nur leider nicht geritten / gefahren werden darf. Mit einer Änderung des Waldgesetzes, wie hier vorgeschlagen, würde die kostenintensive und konfliktgeladene Ausweisung von Reit- und Fahrwegen entfallen. Die Auschilderung und Vermarktung der touristisch attraktiven Fernwanderreitwege (zum Beispiel Berlin – Usedom) wie es bisher angedacht, aber leider wenig praktiziert wird, ist jedoch sinnvoll und wird von uns voll unterstützt.

Wander- und Geländereiten ist eine sehr naturverbundene Sportart. Naturschutz ist in den Satzungen der Reitverbände verankert und wichtiger Bestandteil der Reit-Ausbildung. Pferde sind Teil der Natur, keine Naturzerstörer ! Der Umgang mit dem Pferd in seiner natürlichen Umwelt — also Feld, Wald und Flur statt Reithalle und Turnierplatz — fördert das Verständnis für die Natur und schult die Kenntnisse ihrer Zusammenhänge. Das Reiten und Kutschfahren auf Waldwegen aus „Naturschutzgründen“ zu verbieten, ist unsinnig und muss auf wenige Ausnahmen in besonders schützenswerten Gebieten beschränkt bleiben, wo auch Fussgänger und Radfahrer keinen Zugang haben. 

Im Land Brandenburg steht der Pferdesport an fünfter Stelle aller Sportarten und ist damit eindeutig Breitensport, keinesfalls jedoch „Elitesportart“. Von den über 10.000 in den Reitverbänden des Landes organisierten Pferdefreunden sind knapp 50% unter 18 Jahre alt. Die Reitverbände übernehmen besonders in den von Arbeitslosigkeit gebeutelten strukturschwachen ländlichen Regionen unumstritten wichtige soziale Funktionen. Sie geben Kindern und Jugendlichen sinnvolle Beschäftigung, lehren verantwortungsvollen Umgang mit Lebewesen und bringen sportliche Erfolgserlebnisse. Diejenigen, die dort Kinder- und Jugendarbeit leisten, tun dies meistens aus Idealismus, ehrenamtlich. Dabei spielt das Reiten im Gelände, das Naturerlebnis, das „Ausreiten“ eine wesentlich größere Rolle für die jungen Reiter als die sportlichen Ambitionen. Etwa 90% aller Pferdesportler wollen ausschließlich gelände- und wanderreiten. 

Fazit:

Mit der bestehenden gesetzlichen Regelung des Reitens durch das Landeswaldgesetz ist eine Entwicklung des Potentials, das das Pferd als Wirtschaftsfaktor für Brandenburg bietet, nicht machbar. Es gibt aus Sicht der Pferdesportverbände keinen Grund für eine derart restriktive Regelung des Reitens und Fahrens auf Wegen im Wald. Im Sinne einer Vereinfachung des Reitwegerechts und der Förderung naturverbundener Freizeitgestaltung ist eine Neufassung des Waldgesetzes gemäß unten vorgeschlagener Formulierung der  § § 20 Abs. 3 und 47 Abs. 2 Nr. 1 erforderlich und wünschenswert.

Mit Landwirtschaftsminister Wolfgang Birthler wurde bereits Übereinstimmung darin erzielt, dass eine Neuregelung des Reitrechts in Brandenburg notwendig ist. Die Reitverbände wollen sich im Vorfeld der anstehenden Novellierung des Landeswaldgesetzes intensiv an einer konstruktiven Diskussion um eine sinnvolle Regelung der Reit- und Fahrwegeproblematik beteiligen und bieten allen Beteiligten und Betroffenen ihre Sachkenntnis zur Klärung offener Fragen und zum Abbau von Vorurteilen gegen das Reiten und Fahren im Wald an. 

Um die Forderung nach einer Neufassung des Brandenburgischen Waldgesetzes zu untermauern, findet eine landesweite Volksinitiative nach dem Brandenburgischen Volksabstimmungsgesetz von 1993 statt. Bisher liegen fast 14.000 Unterschriften von volljährigen Brandenburger Einwohnern vor. Bis zum 01. August 2000 sollen insgesamt 20.000 Unterschriften gesammelt werden. 

Formulierungsvorschlag für einen neuen  § 20 Abs. 3 Landeswaldgesetz:

„Das Reiten im Wald ist über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus auf privaten Straßen und Wegen gestattet. Unter den Erholungssuchenden gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Fußgängern gebührt der Vorrang. Das Reiten im Wald kann beschränkt werden, wenn hierdurch erhebliche Gefahren für die natürliche Umwelt drohen, unzumutbare Beeinträchtigungen anderer Erholungssuchender entstehen, in Verdichtungsräumen und Ballungsgebieten sowie bei drohenden unzumutbaren Schäden für den Grundstückseigentümer. Im Falle einer Beschränkung einzelner Bereiche des Waldes soll die untere Forstbehörde im Zusammenwirken mit den Waldbesitzern und den zuständigen unteren Landesbehörden geeignete Wege ausweisen, die mit Wegen außerhalb dieses Gebietes Verbindung haben. Private Straßen und Wege, auf denen nicht geritten werden darf, sind nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu kennzeichnen. Die untere Forstbehörde kann die Kennzeichnung der Reittiere verlangen. Das Nähere wird durch Rechtsverordnung der obersten Forstbehörde geregelt.“

Formulierungsvorschlag für einen neuen  § 47 Abs. 2 Nr. 1 Landeswaldgesetz:

„Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig auf den für den Reitverkehr gesperrten Wegen oder Straßen reitet oder ein Pferd führt oder die mit dem Reiten verbundenen Bedingungen und Auflagen nicht erfüllt.“