1. Brandenburger Naturparkritt
Eindrücke vom ersten Brandenburger Naturparke-Ritt
Von Christian Frasch / Wolfsburg / VFD Niedersachsen
An einem See in Brandenburg
Das Wasser konnten die Pferde bei der Wärme gut gebrauchen. Der ältere Herr hörte nicht eher mit dem Schleppen des Wassereimers auf, bevor jedes Pferd seine zwei Eimer Wasser gesoffen hatte, obwohl es nur einen Wasserhahn und einen Eimer gab.
Die heutige, zweite Tagesetappe sollte mit knapp 50 Kilometern die längste unseres insgesamt viertägigen Rittes werden. Etliche Kilometer schöner Sandwege und ein tolles Waldpicknick hatten wir schon hinter uns. Jetzt freuten wir uns auf die Badestelle, und wir kürzten den Weg über ein riesiges Stoppelfeld ab. Mittlerweile waren noch zwei weitere Reiter des Naturpark-Rittes zu uns gestoßen, so daß sich die Zahl unseres Grüppchens mit Rittführerin Susanne auf neun erhöht hatte.
Unter den Bäumen, die am Seeufer standen, war es angenehm kühl. Der Pfad führte entlang des Seeufers. Immer wieder hingen Äste quer über den Weg, unter denen man sich ducken mußte. Da war ich mit meinem kleinen Fjordpferd Lasse echt im Vorteil.
Plötzlich entdeckte ich auf der Seeseite des Pfade zwei Bäume, die etwa einen halben Meter über den Boden tief eingekerbt waren. Glauben konnte ich nicht so richtig, was ich da sah, denn die Kerben sahen aus, als wären sie genagt worden. Das hieße, es gäbe in dem See einen Biber ?! Vielleicht hatte aber auch nur jemand versucht, mit einer Axt die Bäume zu fällen und nach der Hälfte die Lust verloren ?
Als ich kurz hinter den angenagten Bäumen einen schmalen Wildpfad sah, der durch den Schilfgürtel in den See führte, waren meine Zweifel verflogen. Solche Pfade kannte ich aus Schweden. Biber benutzen sie, um an Land zu krabbeln um dort ihrem Handwerk als Holzfäller nachzugehen.
Nach etwa einem weiterem Kilometer am Seeufer entlang erreichten wir einen Steg, der zum Baden einlud. Die Pferde wurden, dankbar für eine Rast, an den Bäumen angebundenSchnell hatten wir uns geeinigt, wer zunächst bei den Pferden blieb, um dann etwas später in den glasklaren See zu springen. Das Wasser des Sees war herrlich erfrischend! In einiger Entfernung huschten leuchtende, lilafarbene Streifen über das Wasser. Als einer näher kam, erkannte ich ihn als Libelle.
Inzwischen war ich so 200m weit in den See hinausgeschwommen. Ringsherum war das Ufer des Sees dicht bewaldet. Nirgends ein Haus, ein Feld oder eine Weide zu sehen, richtig Wildnis! Ich sah zurück zum Ufer, wo ich losgeschwommen war ;sah den Steg. Von den neun Pferden und den an Land gebliebenen Reitern war nichts zu sehen. Die dichte, urwüchsige Vegetation am Ufer hatte sie verschluckt. Erst als ich schon wieder kurz vorm Steg war, bekam ich wieder einige der Pferde zu Gesicht.
Als es Zeit zum Aufbruch wurde, fiel es uns schwer, dieses Idyll wieder zu verlassen. Aber wir mußten weiter. Es waren noch einige Kilometer bis zu unserem Nachtquartier auf dem Trabergestüt Lindenhof., und wir wollten unsere freundlichen Gastgeber nicht warten lassen…..
Ein Niedersachse zu Gast in Brandenburg
Über das Internet war ich auf den Brandenburger Naturparke Ritt „Wälder, Seen, Herrenhäuser“ aufmerksam geworden. Schnell hatte ich mich dazu entschlossen, teilzunehmen. Die Strecke des Rittes führte durch das Bioshärenserservat Schorfheide-Chorin, den Naturpark Uckermärkische Seen und den Naturpark Stechlin vom Ökodorf Brodowin in der Nähe von Eberswalde bis nach Rheinsberg. Die 150 km Gesamtstrecke des Rittes bewältigten wir in vier Tagesetappen von rund 20 bis 47 km.
Die 22 Reiter und Pferde wurden von drei Trossfahrzeugen begleitet, so daß komfortablerweise das Gepäck nicht auf dem Pferd mitgenommen werden musste. Die Nacht verbrachten die Pferde in selbst errichteten Paddocks und die Reiter in Zelten auf einer Wiese unserer Gastgeber, die uns auch mit leckerem Frühstück und Abendessen versorgten.
Organisiert wurde der Ritt vom VFD-Landesverband Berlin-Brandenburg in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Großschutzgebiete des Landes Brandenburg (LAGS). Landwirtschafts- und Umweltminister Wolfgang Birthler war Schirmherr des Rittes. Erst durch die Schirmherrschaft des Ministeriums und die engagierte Unterstützung der LAGS wurde die Durchführung des Rittes überhaupt möglich. Anders als in Niedersachsen, wo das Reiten auf den meisten Waldwegen erlaubt ist, ist in Brandenburg das Reiten nur auf öffentlichen Verkehrswegen und auf speziell ausgewiesenen Reitwegen erlaubt. Das Netz dieser Wege ist recht spärlich, so daß es nahezu unmöglich ist, das Pferd so wie in anderen Bundesländern als Fortbewegungsmittel im Urlaub zu benutzen.
Auch sind es häufig nur die geschotterten und gepflasterten Waldwege, die zum Reiten freigegeben werden. Dabei sind dies gerade die Wege, die von Reitern mit unbeschlagenenPferden gemieden werden.
Zu verdanken haben die Brandenburger Reiter diese unglückliche Gesetzeslage einer Laune des Schicksals während der Wendezeit. Für das Land Brandenburg übernahm Nordrhein-Westfalen die Patenschaft, dessen Waldgesetz mehr oder weniger abgeschrieben wurde. Allerdings sind diese beiden Bundesländer überhaupt nicht miteinander vergleichbar, denn NRW hat die höchste Bevölkerungsdichte der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund dieser hohen Bevölkerungsdichte mögen die strengen Gesetze in NRW sinnvoll sein. In einem Flächenland wie Brandenburg sind sie nicht nachvollziehbar für uns Reiter. Brandenburg ist neben Mecklenburg Vorpommern das am dünnsten besiedelte Bundesland der ganzen Bundesrepublik. In den Ländern Niedersachsen oder Bayern, wo das Reiten im Wald recht liberal geregelt ist, ist die Bevölkerungsdichte fast doppelt so hoch wie in Brandenburg.
Durch die Kooperation von VFD und LAGS ist es trotz der schwierigen Gesetzeslage mit viel Mühe und Sondergenehmigungen möglich geworden, diesen wunderbaren Ritt durchzuführen. Für diesen Einsatz, den die VFD für uns Wanderreiter gezeigt hat, möchte ich mich hiermit noch einmal herzlich bedanken! Auch bin ich gespannt auf die zweite Auflage des Rittes im nächsten Jahr ! Ich kann den Ritt wärmstens empfehlen. Noch nicht empfehlen kann ich Reiturlaub in Brandenburg auf eigene Faust. Als Reiter ist man ohne diverse Sondergenehmigungen in Brandenburg in seiner Bewegungsfreiheit sehr eingeschränkt. Da bieten z.B. Sachsen Anhalt und Mecklenburg Vorpommern erheblich mehr Möglichkeiten zum Reiten im Gelände.
Dies ist vor allem deswegen schade, weil Brandenburgs Landschaft zum Reiten geradezu einlädt. Manch ein Reiterhof, der ein gutes Nachtquartier oder ein lohnendes Urlaubsziel abgeben würde, wäre bei einer anderen Gesetzeslage deutlich interessanter und hätte ein besseres Auskommen. Gespannt sein kann man auf die Änderungen, die sich so langsam abzeichnen. So könnte zum Beispiel unser Ritt ein Schritt zu einer anderen Politik in Brandenburg gewesen sein. Vielleicht wird das Land Brandenburg doch ein Land für Reiter ? Hoffentlich.