Die Hippologica 2011 in Berlin
Von Jutta Schroer
schloß am 3. Adventssonntag, dem 11. Dezember, nach vier Tagen wieder ihre Pforten.
Und ich habe mich am letzten Tag dort umgesehen.
Es gab viele Demonstrationen der Aus- und Weiterbildung von Pferd und Reiter, die ich mir sehr gern angeschaut hätte, aus Zeitmangel aber nichtmöglich war.
Was mich ganz tief berührte, war meine Unterhaltung mit zwei Handicap-Reiterinnen. Es spricht sich so leicht: Handicap. Aber welche Schicksale stehen dahinter. Welcher Lebensmut, dem Schicksalsschlag zu trotzen und das Leben in die eigene Hand zu nehmen und – zu reiten und sogar an Landes- und Weltmeisterschaften teilzunehmen, gehört dazu!
Ich sehe, dass die Unterschenkel einer Reiterin festgeschnallt sind. Sie erzählt mir ganz ohne Sentiments, dass sie vor gut zehn Jahren einen Autounfall gehabt habe und seitdem vom vierten Brustwirbel abwärts gelähmt sei. Sie sei durch die Therapie ans Reiten und schließlich zum „Rolli-Reithof“ nach Radensleben gekommen. www.rolli-reitschule-radensleben.de
Sie ist in ihrer Kategorie Landesmeisterin geworden. Insgesamt waren es vier Siegerinnen in vier Kategorien der Dressur.
Ich sah ein winziges Mädchen im Rollstuhl und dachte:“ Sie ist sicher nur Begleiterin. Sie kann sich doch unmöglich auf einem Pferd halten.“ Ich sprach sie an und erfuhr, dass sie sechzehn Jahre jung sei und so, nämlich ohne Schienbeine, geboren worden sei. Dann wurde sie in einen Spezialsattel gehoben und – hatte ein Stück der Bewegungsfreiheit gewonnen, die wir „Gesunden“ für so selbstverständlich halten. Auch sie war eine der Siegerinnen, die anschließend geehrt wurden.
Es fand sich auch ein Stand vom „Fleckschnupphof“, Nassenheide, der ganzjährig Kamelreiten anbietet. www.kamel-hof.de Das Besondere daran ist, dass auch mit Kamelen eine therapeuthische Komplexbehandlung möglich ist.
Am Stand des Fjordpferdehofes, www.gestuet-insel.de , habe ich in einem längeren Gespräch mit der freundlichen und kompetenten ehrenamtlichen Helferin, Brigitte H., erfahren, was dieser Hof in Ruhlsdorf, Kindern und Erwachsenen zu bieten hat. Mit einem Satz, alles, was sich ein sportbegeistertes, nämlich nicht nur ein Reiterherz wünschen kann.
Im gut gefüllten Hippoforum traf ich auf Horst Becker, der das „Kraft- und Ausdauertrainig als Basis für ein Harmonisches Reiten“ anschaulich thematisierte.
Uwe Weinzierl mit seiner „Horsemanship – Präsentation Verladetraining“ war einfach umwerfend. Wie das Pferd in den Hänger rein- und rausmarschierte, mit und ohne Reiter auf dem Rücken, er es in allen Gangarten ohne Sattel und Zaumzeug vorführte, das zeugt von einer sehr engen, vertrauensvollen Verbindung zwischen den Beiden.
Vertrauen ist auch die Voraussetzung die Polizeipferd und Reiter verbindet. Das zeigte im letzten Jahr sehr anschaulich die berittene Bundespolizei bei ihrem ersten Hippologica-Auftritt. In diesem Jahr konnte ich sie zwar nicht zu Pferd bewundern, aber sie hatte einen sehr ansprechend gestalteten Stand, an dem junge Leute bis einunddreißig den „Beruf mit Zukunft“ bei der Bundespolizei aus erster Hand kennenlernen konnten.
In all der verwirrenden Futtervielfalt suchte und fand ich ein ökologisch zertifiziertes Produkt, das „Mühldorfer Pferdefutter“. www.muehldorfer-pferdefutter.de
Und von „Allkraft Naturprodukte“, einem kleinen Familienbetrieb in Elster, bekam ich ein Probiersäckchen mit einer Leinöl-, Leinpellets- und Leingranulatprobe mit, für die sich meine Pferde heute schon bedankt haben. www.allkraft-naturprodukte.de
Last not least besuchte ich natürlich auch den VFD-Stand.
Seit 1992 ist die VFD auf der Hippologica vertreten. Und 1991 wurde sie erst von Wolf Kröber gegründet! Die VFD ist also wohl so eine Art Urgestein der Hippologica. Damals haben wir die gesamte Standgestaltung selbstgemacht. Heute ist alles professionell eingerichtet, vom Ständer mit den Flyern bis zur Beleuchtung und dem Messe-Team-Outfit der Standbesatzung. Die Gespräche heute drehen sich eher um Events, Jakobsgreiskraut, Stallmanagement, Wanderrittprüfungen, etc.. Alltägliches also aus dem Leben mit den Pferden. Beunruhigungen wegen Pferdesteuern gibt es hier nicht. Beunruhigung wegen wieder aufgeflammter Anfeindungen der Reiter, die angeblich die Waldwege zerstören, gibt es auch nicht. Brandenburg scheint, und so hoffe ich, bleibt auch, dank weitsichtiger Politik, ein glückliches Reiterland.