Info des Vorstandes zum Thema giftige Pflanzen auf Pferdeweiden
Von Birgit Groth
Zunehmend werden wir von Mitgliedern mit Anfragen bezüglich des Jakobs-Greiskraut (auch Kreuzkraut genannt) und anderer Giftpflanzen auf Weideland konfrontiert. In einigen westlichen Bundesländern ist das Jakobskreuzkraut bereits in den Medien präsent und viele Pferdehalter sind sehr alarmiert.
Das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) ist eine heimische Wildpflanze, die sich in einigen Gebieten Deutschlands auszubreiten scheint. Sie erfüllt wichtige ökologische Funktionen im Naturhaushalt zum Beispiel als Futterpflanze für verschiedene Schmetterlinge. Botanische Laien verwechseln sie oft mit anderen gelb blühenden Pflanzen, z.B. dem Rainfarn (Tanacetum vulgare).
Wiesen mit viel Jakobs-Greiskraut sollten auf keinen Fall als Winterfutter (Heu, Silage) genutzt werden. Die giftige Wirkung bleibt nämlich erhalten, während der schlechte Geschmack der lebenden Pflanze, der die meisten Tiere davon abhält sie überhaupt anzurühren (!), mit dem Schnitt verloren geht. In Brandenburg viel häufiger ist allerdings das Frühlings-Greiskraut (S. vernalis), dass wahrscheinlich ebenfalls die giftigen Pyrrolizidinalkaloide enthält. Zur Heuzeit ist diese Frühjahrspflanze jedoch nicht mehr relevant.
Neben dem Jakobskreuzkraut, das in Brandenburg vergleichsweise wenig verbreitet ist, können auch andere Pflanzen als Ursache einer Erkrankung unserer Pferde in Frage kommen. Hier zeichnet sich eine weit umfassendere und unkontrollierbare Gefahr für die Gesundheit unserer Pferde ab.
Dr. Renate Vanselow (VFD-Mitglied und Autorin mehrerer Bücher über Pferdeweiden) hat herausgearbeitet, dass die Giftigkeit des Jakobskreuzkraut gleichrangig mit bestimmten Zuchtgräsern anzusehen ist (vgl. Artikel „Gifte in Gräsern“ http://pferdezeitung.com/529.09/ ) deren besondere Resistenzen durch für Weidetiere giftige Endophyten erreicht wird! Dabei sind vor allem die sehr verbreiteten Gräser Lolium perenne (Deutsches Weidelgras) und Festuca arundinacea (Rohr-Schwingel) zu nennen. In den letzen Jahren sind mit der zunehmenden Pferdehaltung (auch auf ehemaligen Intensivgrünland und Ackerflächen) die merkwürdigsten Stoffwechselerkrankungen bei Pferden aufgetreten, die sich oft kaum erklären ließen. Sollten allerdings die Gräser auf vielen Weideflächen die Mutterkorngifte Lolitrem B und Ergovalin tatsächlich enthalten, wie offensichtlich bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dann gibt es hier eine einleuchtende Erklärung. Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr sind jedoch keineswegs trivial. Von Pferdehaltern und Hofbetreibern wird dabei verlangt, komplexe Zusammenhänge zu durchschauen und sich ständig mit neuen Erkenntnissen vertraut zu machen.
Anstatt einmal pauschale Maßnahmen zu ergreifen (im Sinne von „ich reiße jetzt alle Giftpflanzen oder das was ich dafür halte aus dem Boden“.) ist ein flexibles, durchdachtes Weidemanagement erforderlich. Wenn sich das Jakobs-Greiskraut auf einer Weidefläche vermehrt, spricht das für eine deutliche Übernutzung der Fläche. Zur Bekämpfung sollte die Fläche genau zur Blütezeit gemäht werden (sonst kommt sie nächstes Jahr verstärkt wieder). Das Mahdgut nicht nutzen! Flächen mit viel Frühlings-Greiskraut sollten vor der Blüte gemäht werden, um die Art zurückzudrängen. Flächen und Heu mit viel Weidelgras und/oder Rohrschwingel sollten sehr kritisch auf giftige Endophyten hin untersucht werden, besonders wenn bereits Verdachtsfälle (ungeklärte Stoffwechselerkrankungen) aufgetreten sind. Darüber hinaus spielen natürlich auch die jahres- und tageszeitlich unterschiedlich hohen Fruktangehalte in Gräsern eine Rolle. Einige Pferdehalter lassen ihre Tiere deshalb nach Nachtfrösten erst Mittags auf die Weide.
Am 6. und 7. Juni bestand für alle VFD-Mitglieder die Möglichkeit sich im Rahmen eines Weideseminars unter Leitung von Renate Vanselow mit der komplexen Materie vertraut zu machen. Ob die spärliche Resonanz bedeutet, dass Stoffwechselerkrankungen durch Weidehaltung und Heu- und Silagefütterung in Brandenburg (noch) kein großes Thema ist? Viele Symptome erkrankter Pferde, die uns berichtet werden, sprechen eigentlich dagegen. Uns geht es vor allem um eine sachliche Diskussion und um die Vermeidung überzogener Reaktionen in der Pferdewelt sowie um die Aufklärung hinsichtlich geeigneter Maßnahmen zur Abwehr von Erkrankungen durch giftige Pflanzen. Diesbezügliche Kontakte zur Universität Potsdam und zum Landesumweltamt bestehen. Eine Anfrage zu diesem Thema wurde im Landesamt für ländliche Entwicklung, Verbraucherschutz und Flurneuordnung gestellt.